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Jahreshauptversammlung 2023 der NaturFreunde Stuttgart

Am Samstag, 25.3.2023 fand im Fuchsrain unsere diesjährige Jahreshauptversammlung statt.

Erfreulich war nach den Coronajahren der sehr gute Besuch, vor allem von den Einzelmitgliedern. Zunächst gab es Berichte vom Vorstand und der Kasse. Auf Antrag der Kontrolle wurde der Kassier und der gesamte Vorstand entlastet.

In einer guten und konzentrierten Arbeitsatmosphäre wurden insgesamt 9 Anträge beraten und verabschiedet:

  • Änderung der Vereinssatzung: Hauptsächlich wurde die Möglichkeit von online-Sitzungen und der Datenschutz aufgenommen. Auch die Zusammensetzung des Vereinsausschusses (Entscheidungsgremium zwischen den Hauptversammlungen) wurde dabei verändert. Neben den Ortsgruppen, den Stadtteilgruppen und den Fachgruppen können künftig auch bis zu 10 Mitglieder als Vertreter durch die JHV gewählt werden.
  • Änderung der Beitragsordnung: Die neuen Beiträge ab 2024: Einzelmitglied 78,- €, Partnerbeitrag 120,- €, Kinder und Jugendliche 40,- €.
  • Auf Antrag des Vorstands wurde eine Fachgruppe Häuser gegründet: Die folgenden 4 Anträge zum Thema Ertüchtigung und Zukunft der Naturfreundehäuser wurde als Arbeitsgrundlage an die neu gegründete Fachgruppe gegeben.
  • Ein Antrag zum Thema Wasserversorgung beauftragt die NaturFreunde für die Rekommunalisierung der Wasserversorgung aktiv zu werden.

Bei den anschließenden Wahlen wurden Elke Freund-Vlassaras, Klaus-Jürgen Ledebur und Ulrich Petri als gleichberichtigte Mitglieder des BGB Vorstands und Roland Moosbrugger als Kassier gewählt. Friederike Votteler wurde als Schriftführerin, Annette Groth als Beisitzerin, Yves Mutschelknaus und Martin Ruffner als Beisitzer gewählt. Erfreulich war auch, dass sich gleich 7 NaturFreundInnen für den Ausschuss wählen ließen. Zum Schluss wurden die ausscheidenden Vorstandsmitglieder Ulrike Möhrle und Doris Kimmich verabschiedet.

Das ausführliche Protokoll kann beim Vorstand unter der mail info@naturfreunde-stuttgart.de angefordert werden.


Energieverwirrung in Stuttgart und anderswo

Nun, Stuttgart ist nicht der Held in Sachen Energiewende. Seit 1990 werden Ziele beschlossen und regelmäßig verfehlt, man hat Energiekonzepte erstellt, aber keinen Umsetzungsplan. Im Jahr 2011 wurden dann endlich Stadtwerke gegründet, die eigentlich der Motor der Stuttgarter Energiewende hätten sein sollen. Nach einem hoffnungsvollen Beginn, dümpeln sie seit 10 Jahren als Stromverkäufer und Elektrorollervermieter vor sich hin.
Seit dem Ukrainekrieg und der Ampelregierung überschlagen sich die Ereignisse: Die EU bastelt gerade an einer Erweiterung der Ökodesign-Richtlinie für Heizungen und an Vorgaben zur Wärmedämmung von Gebäuden. Hier wird festgelegt, welche Heizungen zukünftig noch verkauft werden dürfen und wie Häuser isoliert werden müssen. Der Bund erregt die ganze Republik derzeit mit dem Gebäudeenergiegesetz, das wie die EU-Ökodesignvorgabe die Effizienz von Gebäudeheizungen regeln soll und mit der EU-Regelung höchstwahrscheinlich nicht kompatibel sein wird. The Länd hat darüber hinaus bereits eine gesetzliche Verpflichtung zur kommunalen Wärmeplanung verabschiedet.
Das ist eigentlich der Schritt, der der Auswahl von Heizungssystemen und der energetischen Sanierung von Gebäuden vorausgehen muss. Nur so kann eine sachgerechte Entscheidung getroffen werden. Wenn die Stadt beispielsweise einen Fernwärmeanschluss für ein bestimmtes Gebäude vorsieht, macht es keinen Sinn, eine Wärmepumpe einzubauen. Nun, um die Verwirrung weiterzutreiben, arbeitet der Bund ebenfalls an einem Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung, das vermutlich nicht ganz zur Landesgesetzgebung passen wird.
Aber bevor jetzt alle total verwirrt sind. Wie ist denn die Situation in Stuttgart? Eigentlich einfach!
Bis zum 31.12.2023 muss die Stadt eine Wärmeplanung vorlegen. Und sie arbeitet daran, allerdings soll diese Wärmeplanung unter Beteiligung der Interessengruppen und der Verbände erfolgen. An letzterem hapert es noch gewaltig.
Wie ist der Stand? Im März 2023 wurde die Ramboll-Studie „Klimaneutrale Fernwärme im Stadtgebiet der Landeshauptstadt“ vorgestellt. Die Stuttgarter Umweltverbände, darunter auch die NaturFreunde, konnten die Kernaussage der Studie nicht nachvollziehen: „Die Untersuchung hat sehr deutlich hervorgebracht, dass Fernwärme per se weder regenerativ noch besonders kostengünstig ist. Vielmehr ist sie eine hochinvestive Infrastruktur zur Verteilung von Wärme.“ Für Stuttgart wurde daher empfohlen auf den individuellen Einbau von Wärmepumpen zu setzen. Ein „netter“ Nebeneffekt dieser gutachterlichen Empfehlung wäre natürlich, dass die Investitionsaufwände beim Häuslebesitzer und damit letztendlich bei den Mietern hängen bleiben würden. Die Stadt käme in diesem Fall mit einigen Förderprogrammen recht „kostengünstig“ weg.
Ramboll erklärt jedoch auf seiner Homepage selbst: „Fernwärme ermöglicht eine besonders kosteneffektive und klimaschonende Wärmeversorgung“, nur in Stuttgart nicht?! Inzwischen liegt eine von KUS angefragte Stellungnahme von Herrn Dipl. Ing. Helmut Böhnisch, ehemaliger Leiter des Kompetenzzentrums Wärmenetze bei der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg GmbH (KEA-BW), vor. Darin kommt er zum Ergebnis:
“… die Aussage der Ramboll-Studie, dass die klimaneutrale Fernwärme in Stuttgart höhere Wärmekosten verursacht, als die dezentrale Versorgung mit individuellen Luft-Wasser-Wärmepumpen kann nicht aufrechterhalten werden!“
Seitens der Öko-sozialen Fraktionen wird der Rambollansatz ebenso wie von den Umweltverbänden kritisiert. Individuelle Lösungen belasten Hausbesitzer und Wohnungseigentümer extrem und werden die Wärmewende durch die Vielzahl der daraus entstehenden Einzelprobleme massiv behindern und nicht beschleunigen. Zudem würden die zahlreichen Genehmigungen und die Bearbeitung der damit verbundenen Einwendungen, angesichts des notorischen Personalmangels bei der Stadt, zusätzlich Zeit kosten.
Welchen Weg die Stadt einschlagen wird, ist offen. Das Amt für Umweltschutz hält sich hier bedeckt bzw. will selbst das Heft in der Hand halten. Es zeichnet sich aber ab, dass man seitens der städtischen Akteure Wert darauf legt, die Kosten für die Stadt in Grenzen zu halten.
Ohne eine frühzeitige Information und Beteiligung der Betroffenen wird die Planung auf Widerstand stoßen und im schlechtesten Fall im Kleinklein rechtlicher Auseinandersetzungen stecken bleiben. Die Stadt plant aktuell nur einige Veranstaltungen nach der Sommerpause. Das ist aus Sicht der NaturFreunde bei weitem keine ausreichende Information und über die rechtlich gebotene Beteiligung der Verbände und Interessengruppen ist derzeit nichts verbindliches bekannt.
Wir NaturFreunde treten dafür ein, dass die Wärmewende sozial verträglich und unter aktiver Beteiligung der Bürger stattfindet. Hier haben kollektive Lösungen in Form von Nah- und Fernwärme unbestreitbare Vorteile. Dies zeigen auch die Erfahrungen aus Dänemark.
Für die Innenstadt, wo bereits ein Fernwärmenetz besteht, ist eine Nachverdichtung und ein Ausbau erforderlich. Dazu muss das Fernwärmenetz der EnBW schnellstmöglich zurück in kommunale Hand. Eine Nachverdichtung oder gar ein Ausbau der Fernwärme wird mit der EnBW nicht zu machen sein. In den Randbezirken, beispielsweise auf den Fildern, müssen Nahwärmenetze neu aufgebaut werden. Eine solche Herkulesaufgabe kann nur die Stadt bzw. deren Stadtwerke bewältigen.
Es gibt immerhin einen Lichtblick, die Stadtwerke werden mit deutlich mehr Personal ausgestattet. Allerdings kommt diese Stärkung zu spät für die aktuelle Wärmeplanung. Zukünftig werden die Stadtwerke damit erstmals in die Lage versetzt, eine aktive Rolle bei der Energiewende in Stuttgart zu spielen. Wir sind gespannt…
Wir NaturFreunde bleiben weiter am Ball und bieten auch gerne Referate zur Energiewende in Stuttgart an.


Die NaturFreunde Württemberg haben auf der 46. ordentlichen Landeskonferenz am 14./15. Mai 2022 in Heilbronn zwei Anträge des Fachbereichs Umwelt zur Energie- und Wärmewende sowie zum Thema Wasser verabschiedet.

Das Land Baden-Württemberg hat sich in seinem Klimaschutzgesetz verpflichtet, schon bis 2040 klimaneutral zu sein, um die Ziele des Klimaschutzabkommens von Paris zu erreichen und dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 gerecht zu werden.
Bei der Stromerzeugung werden gegenwärtig fast 50 % aus erneuerbarer Energie erzeugt. Bei der Wärmeversorgung werden dagegen 2020 erst 15 % aus erneuerbaren Quellen bereitgestellt[1].
Wird das Ausbauziel auf Wind und Photovoltaik beschränkt, bleibt ein zentral wichtiger Baustein der Energiewende außen vor – nämlich die Wärme. Diese macht fast 50 % des Endenergieverbrauchs in Baden-Württemberg aus.
Die kommunale Wärmeplanung als Teil der nachhaltigen Stadtentwicklung bietet die Möglichkeit, soziale Aspekte zielgerichtet einzubeziehen. Die mit der Wärmeversorgung und energetischen Sanierung verbundene soziale Dimension (Vermeidung von Mehrbelastungen durch energetische Sanierungen oder steigende Energiekosten von Haushalten mit geringem Einkommen) sollte dabei von Anfang an mit betrachtet werden, da sowohl die energetische Sanierung als auch der Fuel-Switch (Brennstoffwechsel) hin zu erneuerbarer Wärme zu steigenden Kalt- und oftmals auch Warmmieten führen kann.
Die NaturFreunde Württemberg fordern die Landesregierung auf, die Arbeiten an der bereits im September 2021 angekündigten Wärmestrategie[2] des Landes sofort aufzunehmen und erste Ergebnisse kurzfristig vor der Sommerpause vorzulegen.
Weiter wird die Landesregierung aufgefordert, den Bund im Rahmen einer länderübergreifenden Bundesratsinitiative zu unterstützen um die beihilferechtliche Genehmigung der Europäischen Kommission für die „Bundesförderung effizienter Wärmenetze“ (BEW) zeitnah sicherstellen zu können.
Darüber hinaus fordern die NaturFreunde Württemberg die Landesregierung und alle gewählten Vertreter im Landtag auf, dass das Land in Ergänzung zur „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ BEW entsprechende Fördermittel zur Unterstützung der Kommunen in den Haushalt einstellt.

Im Jahr 2013 hatte erstmals ein EU-Volksbegehren die nötige Zahl von einer Million Unterschriften erreicht. Die von den NaturFreunden Württemberg unterstützte Initiative “Wasser ist ein Menschenrecht – Right 2 Water” richtete sich gegen die EU-Pläne zur Privatisierung der Wasserversorgung.
Aufgrund der aktuellen Entwicklung fordern die NaturFreunde Württemberg heute erneut die Bundes- und Landesregierung und alle gewählten Vertreter in den Parlamenten (Kommunen, Land, Bund, Europa, europäische Kommission) auf, sich mit allen demokratischen Mitteln dafür einzusetzen, dass die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen nicht den Binnenmarktregeln der Europäischen Union unterworfen werden und dass die Wasserwirtschaft von jeglicher Liberalisierungsagenda auszuschließen ist.

Die NaturFreunde Württemberg sind nun gespannt darauf wie die Landesregierung Baden-Württemberg, Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Landesumweltministerin Thekla Walker, die Fraktionsvorsitzenden des Landtags Baden-Württemberg, der Präsident des Europäischen Parlaments, die Europaabgeordneten aus Baden-Württemberg, der Städtetag Baden-Württemberg und der Gemeindetag Baden-Württemberg auf die Forderungen reagieren.

[1]     UBA 2021

[2]     Landtags-Drs. 17/700 vom 11.08. bzw. 09.09.2021 und LT-Drs 17/1777 vom 31.01. bzw. 11.03.2022