Stuttgarter Wasserversorgung

Stuttgarter Wasserversorgung

Die Stuttgarter Wasserversorgung – eine never ending Story?

Vor über 10 Jahren teilte mir ein erfahrener Stadtrat mit: „Du glaubst doch nicht ernsthaft, die Stadt würde irgendeine Entscheidung gegen die Interessen der EnBW treffen.“ Damals gings um die Gründung der Stadtwerke, heute wieder mal ums Wasser.

Am Montag (30.1.2023) luden die sozial-ökologischen Fraktionen gemeinsam mit den Bürgerinitiativen zur Veranstaltung „Stuttgarter Wasserversorgung“ ins Stuttgarter Rathaus ein. Anlass war die vorläufig abgelehnte Vergabe der Wasserkonzession für weitere 20 Jahre an die EnBW. Nachdem die Stadt seit 9 Jahren erfolglos mit der EnBW um die Rückgabe der Wasserversorgung prozessiert, schlugen die EnBW und die Stadtverwaltung hierzu einen Deal vor:

  • Die Stadt vergibt die Konzession für die Wasserversorgung für weitere 20 Jahre an die EnBW
  • Nach 20 Jahren kann die Stadt die Wasserversorgung zurückkaufen, Berechnungsgrundlage soll der sog. subjektive Ertragswert sein
  • Die Stadt zieht ihre Klage gegen die EnBW zurück
  • Die Stadt erhält bescheidene Mitspracherechte bei der Netze BW Wasser GmbH und erhält zwei Aufsichtsratsposten
  • Über eine Change-of-control-Klausel soll im Falle einer weiteren (Teil-)privatisierung der Wassergesellschaft ein vorzeitiger Rückkauf durch die Stadt möglich werden

Spannend ist auch, wer die umfangreichen Grundstücke bekommt, die der EnBW bei der Übernahme der Wasserversorgung von der TWS zugefallen sind.

Von den Initiativen wird zudem kritisiert, dass weder zu einer möglichen EU-rechtlichen Ausschreibungspflicht, noch zu den Auswirkungen des inzwischen von Deutschland unterzeichneten Freihandelsabkommens CETA Aussagen gemacht werden. Damit besteht die Gefahr, dass schon die freihändige Vergabe der Konzession an die EnBW scheitern und private Wasserkonzerne Zugriff auf das Stuttgarter Wasser erhalten könnten. Auch die als großer Durchbruch verkaufte Vereinbarung zur Ermittlung des Kaufpreises auf Basis des subjektiven Ertragswertes (Basis: Ermittlung des Unternehmenswertes nach IDW S1) erweist sich bei näherem Hinsehen als Luftblase. Das Berechnungsverfahren ist zwar formal festgelegt, aber die Parameter innerhalb der Berechnung lassen sich je nach Interessenlage zugunsten der Stadt oder der EnBW festlegen. Nach 20 Jahren stünde man demzufolge, was den Kaufpreis betrifft, wieder dort, wo der Streit seinen Anfang genommen hatte: Bei völlig unterschiedlichen Preisvorstellungen. Hinzu kommt, dass die EnBW bisher weder den Wirtschaftsplan noch das Stuttgarter Wasserkonzept für die Klimakrise vorgelegt hat. Der LNV fordert dies inzwischen aufgrund des Umweltinformationsgesetzes von Finanzminister Bayaz.

Warum sich der Gemeinderat eine so miserable Vorlage von der Verwaltung bieten lässt, ist unbegreiflich, aber vermutlich hat der erfahrene Stadtrat doch recht!? Es sei denn, die Stadträte der sozial-ökologischen Fraktionen rängen sich dazu durch, die Wasserversorgung mit den Zweckverbandsanteilen jetzt zu kaufen. Dazu bedürfte es eines entschlossenen Vorgehens. Wir sind gespannt..

Jürgen Schmid

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